Die zweite Viertelfinalvorschau beschäftigt sich mit dem fränkisch-schwäbischen Derby. Hört sich doch schon mal besser an, als wenn man sagte, die Playoffs werden in dieser Saison von den bayrischen Teams dominiert.
Zunächst und allererst gilt es es zu würdigen, dass der AEV die beste Hauptrunde aller Zeiten gespielt hat. Selbst in der Saison, als die Panther Vize wurden, mussten sie den Umweg über die Preplayoffs gehen. Diesmal haben sie direkt den Sprung in die Playoffs geschafft, das kann ihnen keiner mehr nehmen. Und für eine Mannschaft, die in die Saison immer mit der Vorgabe starten muss, möglichst die Preplayoffs zu erreichen, die ihre besten Spieler häufig abgeben muss, die in den letzten drei Spielzeiten die Preplayoffs mehr oder weniger deutlich verpasst hat, und der es in dieser Saison gelang, mit solidem Vorsprung vor Ingolstadt Platz 6 zu sichern, ist das eine höchst bemerkenswerte Leistung.
Auf der Gegenseite stehen die Ice Tigers. Ich gebe zu, dass ich zu Saisonbeginn höchst skeptisch war. Da hat man so mir nichts, dir nichts einfach mal die komplette Defense ausgetauscht, mir persönlich schien dieses Risiko zu groß. Ein halbes Jahr später lässt sich festhalten: Es hat sich gelohnt. Die Franken spielten, zugeben nach leichten Anfangsproblemen, fast die gesamte Hauptrunde ganz oben mit, waren Mitte Januar sogar eine Zeitlang Tabellenführer, als sie neun Dreier am Stück holten, bevor die Serie durch die Haie gestoppt wurde.
Der AEV ist zum elften Mal in den Playoffs dabei, für die Ice Tigers ist es die siebzehnte Teilnahme. Deutlich erfolgreicher ist die Geschichte der Franken, die seit der Saison 2000/01 nur einmal nicht den Sprung aus der Hauptrunde geschafft haben, aktuell spielen sie die fünften Playoffs in Folge. Letztes Jahr flogen die Ice Tigers im Halbfinale gegen Wolfsburg raus.
Als es sich die beiden Teams in den Playoffs das letzte (und einzige Mal) gegenüberstanden, in der Spielzeit 1998/99, nach einer sensationellen Hauptrunde Franken, die sie mit 15 Punkten Vorsprung vor den Eisbären als Tabellenführer abschlossen, gewannen die Ice Tigers die Serie im Viertelfinale 3:2 und traf am Ende im Finale auf ihre Playoff-Nemesis mit dem üblichen Ausgang. Keine Mannschaft stand häufiger im Finale und ist nie Meister geworden.
(In Gelb. Auswärtsspiel für das erstgenannte Team). Es gab nur Heimsiege.
Der Blick auf die Tabelle der Spitzenteams, eingerechnet nur die Spiele untereinander. Vorteil Nürnberg. Aber schauen wir uns die Bilanz der Spiele gegeneinander an, ist die ausgeglichen. Und bis auf das letzte Aufeinandertreffen in Augsburg waren die Ergebnisse denkbar knapp. Aber offensichtlich kann Nürnberg IN Augsburg gewinnen und umgekehrt.
Von den Teams, die es direkt ins Viertelfinale geschafft haben, hat der AEV nur gegen Wolfsburg mehr Punkte geholt als gegen Nürnberg. Der AEV trifft so gesehen auf den fast perfekten Gegner.
Die Bilanz aller Hauptrundenspiele in Nürnberg: 36 Siege, 9 Niederlagen, 1 Remis. Die Bilanz aller Hauptrundenspiele in Augsburg 25/20/1. Immer aus Sicht der Heimmannschaft.
Die Fieberkurve zeigt den unterschiedlichen Weg der beiden Teams durch die Saison. Vielleicht noch mal als Anmerkung, wie die sich zusammensetzt. Bei Punktgewinnen geht die Kurve immer nach oben, entweder einen, zwei oder drei Stufen, bei glatten Niederlagen drei Stufen nach unten. Mit anderen Worten, wenn die Kurve nach unten geht, und nur dann, nahm ein Team keine Punkte mit.
Nürnberg ist in dieser Hinsicht eine Besonderheit, die Ice Tigers kassierten nur elf glatte Niederlagen, so wenig wie keine anderen Mannschaft. Oder anders herum, keine Mannschaft punktete so oft wie die Franken. Man kann es auch so ausdrücken: Keine Mannschaft bekam in dieser Saison so viel Spielpraxis wie Nürnberg. 14 Mal ging es in die Overtime (Bilanz 4:4), sechs Mal ins Penaltyschießen (3:3). Die Panther mit 18 Null-Punkte-Spielen liegen auf Augenhöhe mit Köln, die Haie haben andererseits aber 31 glatte Siege eingefahren im Vergleich zu den 23 von Augsburg.
Verletzungen, die wehtun. Ich weiß, alle Verletzungen tun weh. Aber so ist das ja auch nicht gemeint. Die Ausfälle bei Nürnberg: Patrick Buzas kam erst spät in die Saison zurück, zuletzt fehlte Andy Kozek. Aber was den Franken richtig geschadet hat, sind die langen Ausfälle von Colton Teubert und Milan Jurcina. Seit elf Spielen fehlen beide. Vor dem Ausfall lag der Gegentorschnitt bei Nürnberg bei 2,2, seit beide fehlen, liegt er bei 3,7! Ja, auch andere Mannschaften hatten Ausfälle zu verkraften, aber viel besser hätte beispielsweise die Schlussphase der Hauptrunde bei Mannheim kaum laufen können. Und der „Schlussspurt“ der Haie hatte auch nichts mit Ausfällen zu tun. Bei München kann man ein wenig darüber diskutieren, aber wirklich nur ein wenig. Bei den Ice Tigers bin ich mir sicher, dass sie MIT Jurcina und Teubert besser abgeschnitten hätten.
Auch der AEV hatte so einige Ausfälle zu verkraften, an erster Stelle wäre T.J. Trevelyan zu nennen, der mehr als die Hälfte der Saison nicht zur Verfügung stand. Adrian Grygiel hat auch nicht viel häufiger gespielt, zuletzt waren aber beide wieder zurück. Zum letzten Hauptrundenspiel trat man nur mit einem Notkader an, aber in vielen Fällen, ist zu hoffen, war das nur eine Vorsichtsmaßnahme für ein Spiel, in dem es um nichts mehr ging.
Eine Schwäche der Franken sehe ich darin, dass sie doch sehr von der Produktion der wohl besten aktiven Sturmreihe abhängig sind, die die DEL derzeit zu bieten hat. Spontan fällt mir nur die Reihe mit Jones/Hager und Gogulla ein, die vielleicht noch in die Nähe von Ehliz/Reinprecht/Reimer kommt. Weder bei München noch bei Mannheim, durchaus eine Stärke der beiden Ms, kommt mir das nicht so eindeutig vor. Beide, München wie Mannheim, haben überragende Angreifer, ich will Keith Aucoin und Chad Kolarik, Luke Adam oder Michael Wolf nicht zu nahe treten, aber als Angriffsformation sind mir die ersten Sturmreihen von Köln und Nürnberg präsenter, ist vielleicht auch nur ein persönliches Ding. Aber beispielsweise in Mannheim wurde viel mehr durchgemischt.
Beim AEV war man vielleicht zu Saisonstart nicht ganz glücklich mit Jonathan Boutin, aber mittlerweile dürften sich die meisten Zweifel gelegt haben. Wenn beide Teams alle Mann am Bord haben, verspreche ich mir von dieser Paarung, in weitaus größerem Maße als von dem Duell Köln vs. Wolfsburg ein paar echt spektakuläre Spiele. Allein der Derbycharakter dürfte schon dafür sorgen, dass dieses Duell wesentlich emotionaler geführt wird. Wenn sowohl Teubert als auch Jurcina zurückkehren, sind die Franken für mich klare Favoriten. Wenn nicht, wird es für Nürnberg etwas enger. Aber angesichts der Souveränität, mit der das Spitzenquartett die Hauptrunde gespielt hat, ist auch bei dieser Paarung das Team mit dem Heimvorteil Favorit. Aber gönnen tu ich es beiden.
Morgen dann München gegen Bremerhaven!!!
Zur Vorschau Köln vs. Wolfsburg
Zur Vorschau München vs. Bremerhaven
Zur Vorschau Mannheim vs. Berlin
Die „Abhängigkeit“ der Nürnberger von ihrer ersten Sturmreihe zeigt sich auch in den Scorerzahlen. Ich war am WE auf der DELseite der Telekom und musste schon schmunzeln, als ich 4! Nürnberger unter den ersten 5 Topscorern der Hauptrunde gesehen habe 😀 (Die erste Sturmreihe auf 1,2,5 + Pföderl auf 4)