Die Ausgangspositionen beider Teams vor Beginn der Finalserie sind sehr unterschiedlich – auf den ersten Blick. Köln spielte eine sehr gute, aber nicht überragende Saison, von Platz 3 trennten am Ende nur zwei Punkte. Der ERC musste fast bis zuletzt zittern, es überhaupt in die Playoffs zu schaffen.
Mit einigen Punkten, die ich hier heute aufgreifen, habe ich mich in den Vorschauen zu den vergangenen Serien bereits befasst. Daher werde ich sie heute nur noch einmal kurz anreißen.
Gut, beweisen kann ich es nicht, weil ich es nie veröffentlicht habe. Aber vor Beginn der Hauptrunde waren die Haie für mich ein sicherer Kandidat für die Top-4. Den ERC hatte ich knapp dahinter angesiedelt – Platz 6 wäre das Tiefste der Gefühle gewesen. Während die Haie das Klassenziel – in meinen Augen – erreicht haben, waren die Panther für mich schlichtweg eine Enttäuschung.
Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich sonderlich nachtragend bin, aber WENN ich eine Tabelle für die Hauptrunde VORAB veröffentlicht hätte, wäre es den Panthern aufs trefflichste gelungen, mich nicht gut aussehen zu lassen. Das spricht schon mal gegen sie. Außerdem habe ich sie bisher in jeder Runde falsch getippt, die Haie nur im Viertelfinale – und selbst da mit Einschränkung. Da kann doch jetzt keiner mit einem vernünftigen Selbstwertgefühl erwarten, ich würde in der Finalserie Ingolstadt als Sieger voraussagen!
Ich habe schließlich auch meinen Stolz. Genug geschimpft, die Hauptrunde des ERC war eine Enttäuschung – da dürften selbst die Panther-Fans mit mir einer Meinung sein. Aber die Playoffs, die Playoffs übertrafen wohl alle Erwartungen. Aus einer Saison zum Vergessen wurde zunächst eine okaye (okaye?, das stammt aber nicht aus dem Duden), dann eine gute, eine tolle und mit dem Finalzug eine überragende Saison. Only the sharks are the limit.
Wenn eine Mannschaft das Finale erreicht hat, ist alles möglich. Mein erster Gedanke bei dieser Konstellation war: Die Panther reisen mit leichterem Gepäck. Jedes weitere Spiel ist ein Sonderbonus. Spätestens mit den Playoffs ist die Mannschaft von Niklas Sundblad so richtig zusammengewachsen, dass sie das überragende Teams der Hauptrunde so deutlich schlagen konnten, hätte kaum einer erwartet. Schöner Nebeneffekt: Sie rechtfertigten damit im Nachhinein den Einkauf in die Champions Hockey League …
Warum „leichteres Gepäck“? Die Haie gehörten vor der Hauptrunde zu den Mannschaften, die bezüglich einer Finalteilnahme mit Sicherheit am häufigsten genannt wurden. Die Mannschaft, die in der Saison gegen Berlin unterlag, war nur gering verändert worden. Wenig Fluktuation – große Harmonie – das zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre nicht zuletzt mit Rekordmeister Berlin. Grundsätzlich war der Druck auf Köln also schon höher. Dazu kommt die angesprochene Finalniederlage der Haie in der vergangenen Saison, eine Niederlage, die in diesen Tagen bestimmt in vielen Kölner Köpfen wieder aufgefrischt werden dürfte.
Einerseits mag das belastend sein, andererseits dürfte dies aber zu einer erheblichen Fokussierung auf Kölner Seite beitragen. So kurz vor dem Ziel …
Kann also sein, dass der ERC unbeschwerter in die Serie startet, aber ob das ein Vorteil ist, vermag ich nicht einzuschätzen. So ein klein wenig fühlte ich mich an das „Finale dahoam“ der Münchner Bayern erinnert (gut, ein unpopulärer Vergleich in Eishockeykreisen), nur dass die Haie gleich noch ein solches bekommen haben. Verliert man sowas wirklich zweimal in Folge?
Köln war Fünfter nach der Hauptrunde. Von Platz 5 bis ins Finale, das haben vor den Haien bisher nur die Frankfurt Lions geschafft. Wir schrieben die Saison 2003/04, Frankfurt schlug im Finale damals den Hauptrundenersten Berlin mit 3:1. Die Panther haben mit ihrem Finaleinzug DEL-Geschichte geschrieben. Zum zweiten Mal nach dem AEV (09/10) schaffte es eine Mannschaft über die Preplayoffs bis in die Finalserie; mit Platz 8 hatte der AEV aber wenigstens in den Vorplayoffs-Heimvorteil. Der ERC – mit Platz 9 – ist die erste Mannschaft, die ohne Heimvorteil den gesamten Weg gehen konnte. Brauchen die anscheinend nicht.
Edel besetzt sind beide Mannschaften auf der Goalie-Position. Die Haie können mit dem Goalie des Jahres prunken – Danny aus den Birken – Ingolstadt mit dem Rookie des Jahres – Timo Pielmeier. Beide hatten entscheidenden Anteil am Erreichen der Finalrunde. Für den Kölner Goalie spricht in diesem Falle die Erfahrung und vielleicht eine etwas größere Konstanz.
In der Defense sehe ich die Haie besser, weil tiefer besetzt. Von allen Mannschaften haben sie in den Playoffs die wenigsten Gegentreffer kassiert. In der Offense sieht das nicht viel anders aus, was die Tiefe betrifft. Ingolstadt ist mehr von seinen beiden Top-Reihen abhängig, wenn die allerdings erst einmal ins Laufen kommen, sind sie schwer zu stoppen.
Ein Faktor könnten die Special-Teams werden. In den letzten Jahren, auch in dieser Saison, haben sich beide Mannschaften schon einige sehr hitzige Duelle geliefert. Nun waren die Playoff-Auftritte beider Mannschaften in dieser Spielzeit von großer Disziplin geprägt. Aber wenn die Specialteams eine Rolle spielen SOLLTEN, sind die Haie mit einem überragenden Unterzahlspiel in dieser Hinsicht in Vorteil. In Unterzahl kassierten sie nur einen Gegentreffer, das sah beim ERC mit 11 dann doch ein wenig anders aus. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, dass die Panther insgesamt vier Spiele mehr auf dem Buckel haben.
Das bringt uns dann zu einem weiteren Punkt. Durch das vorzeitige Ende der Halbfinalrunde gegen Hamburg kam der ERC in den Genuss einer Spielpause. Aber vier Spiele mehr sind 240 Spielminuten mehr – grob geschätzt, Köln ging drei Mal in die Verlängerung, Ingolstadt zwei Mal. Je länger die Serie dauert, desto mehr dürften bei den Panthern die Reserven angegriffen werden. Euphorie hin oder her.
Und die Schlussfolgerung? Wer gewinnt die Serie? Das ist doch logisch, deutscher Meister wird … Mist, kein Platz mehr.
Tolle Berichte in den letzten drei Tagen. Und danke auch für die „Fast-Adelung“ im zweiten Bericht 😉
Und da hier im Kommentarfeld noch Platz ist:
Der ERC gewinnt die Serie mit 4:2 oder 4:3 🙂