Mit Lahm auf der Sechs steigen die WM-Chancen

Das Motto für die letzten 100 Tage vor der WM in Brasilien hat Jogi Löw vor dem Länderspiel gegen Chile selbst ausgegeben. „Die Phase der Wahrheit und der Klarheit“ habe begonnen, erklärte der Bundestrainer. Also nennt eingenetzt.org das Kind mal beim Namen und packt Fakten auf den Tisch. Darum braucht Deutschland Philipp Lahm auf der Sechs – nicht nur in einem Testspiel.

Im Prinzip hat Deutschland natürlich ein Übermaß an starken defensiven Mittelfeldspielern. Das Problem ist nur, dass keiner der etatmäßigen Kandidaten wirklich fit ist. „Wir haben einige Spieler, die über Monate verletzt waren, einige Spieler, die in keinem ganz hohen Spielrhythmus sind, einige, die mit der Form kämpfen, und wir haben einige Spieler, die mit kleineren Verletzungen zu kämpfen haben“, klagte Löw. Ilkay Gündogan zwickts seit Monaten im Rücken, Sami Khedira muss nach seinem Kreuzbandriss zunächst wieder dauerhaft auf die Beine kommen.

Ob er bis Mai tatsächlich die „80 oder 90 Prozent“ Fitness erreichen kann, die Löw in seinem Fall ausreichen würden, um den Madrilenen für die WM zu nominieren, steht in den Sternen. Die Zwillinge Sven und Lars Bender sind international einfach zu unbeschriebene Blätter, als dass sie bei der WM auf dieser wichtigen Position eine Stammrolle spielen sollten. Zugegeben, Toni Kroos hat in den letzten Wochen als Denker und Lenker im Mittelfeld einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht, agiert aktuell in der Form seines Lebens. Der Münchner ist im offensiven, zentralen Mittelfeld deutlich deutlich besser aufgehoben als auf der Sechs.

Im Mittagstalk von meinsportradio.de ging es am 6.3. 2013 genau um das Thema Philipp Lahm auf der Sechs oder nicht. Malte Asmus von eingenetzt.org hat mitdiskutiert.

Wirklich gesetzt ist in der löwschen Mittelfeldzentrale nur Bastian Schweinsteiger – zumindest solange er sich nicht verletzt und im Vollbesitz seiner Kräfte aufspielen kann. Da aber auch er seine Stärken eindeutig offensiv hat, benötigt Schweinsteiger neben sich eine etwas defensiver ausgerichtete Absicherung. „Bei der WM gilt: Realität schlägt Theorie“, machte Löw deutlich. „Wir brauchen die besten verfügbaren Spieler, nicht die theoretisch besten.“

Der beste Spieler muss auf die Sechs – Philipp Lahm

Und das kann nur bedeuten, dass Lahm diese Rolle in der Mittelfeldzentrale bekleiden muss. Die besten Argumente dafür lieferte nder bisherige Saisonverlauf bei Bayern München und zuletzt der gemeinsame Auftritt mit Schweinsteiger gegen Hannover. Lahm ist dank seines enormen taktischen Verständnisses dafür prädestiniert. Wie kaum ein Zweiter kann er ein Spiel perfekt lesen – eine Fähigkeit, die er sich in seiner Zeit als Außenverteidiger aneignete.

Dort, so erläuterte Paul Breitner laut ovb-online.de lerne man, „wie sich die einzelnen Figuren selbst versetzen oder versetzt werden“. Dadurch habe Lahm ein wunderbares Gespür dafür entwickelt, wie ein Team funktioniert. Breitner weiß, wovon er spricht. Auch er wurde zu seiner aktiven Zeit ebenfalls von außen ins Zentrum beordert und brillierte dort wie mittlerweile Lahm, nachdem ihn Pep Guardiola bei Bayern München ins Mittelfeld beorderte.

Ob er nun bereits der „beste Sechser der Welt“ ist, wie Mainz 05-Coach Thomas Tuchel schon in der Hinrunde schwärmte, oder nicht. In zentraler Position kann Lahm seine Fähigkeiten noch besser zur Entfaltung bringen. Sein Einfluss auf das Spiel seiner Mannschaft ist deutlich größer als auf rechts, wie sein erster Bundesliga-Torerfolg seit zwei Jahren, 26 Torschussvorlagen und zwei Assists beweisen.

Auf rechts ist Lahm verschenkt

Lahm denkt, lenkt und entscheidet. Er fordert Bälle, verteilt sie mit unglaublicher Präzision und Sicherheit weiter (Passquote laut Opta bei 92 Prozent, 81 Ballsicherungen). Und wird das Spielgerät doch einmal verloren, gewinnt er es dank seiner herausragenden Antizipationsfähigkeiten in der Regel auch schnell wieder zurück (23 klärende Aktionen, 60 Prozent erfolgreiche Tackles) – dank seiner fußballerischen Klasse fair und meist ohne harten Körpereinsatz (erst elf Fouls und zwei Gelbe Karten).

Dass die Versetzung von Lahm in die Zentrale natürlich ein Loch auf der rechten Abwehrseite reißt, ist klar, aber auch unausweichlich. Lahm ist einfach die beste Wahl für das Zentrum. Mal ehrlich, welcher Gegner wäre beim Blick auf die Mannschaftsaufstellung nicht vom dank ihrer Topleistungen in Bundesliga und Champions League hochgeachtete, eingespielte und extrem variable Bayern-Zentraltriumvirat Lahm, Schweinsteiger und Kroos nicht eingeschüchtert? Selbst der aktuell schwächelnde Mesut Özil wird es schwer haben, dort mitspielen zu dürfen.

Und die rechte Seite dürfte auch bei Lars Bender oder Kevin Großkreutz, der gegen Chile erstmals seit drei Jahren wieder das Nationaltrikot tragen durfte, in guten Händen sein. Diese Personalie sollte Löw jedenfalls weniger Kopfzerbrechen machen als das schwüle Klima, die Mittagshitze oder auch die Reisestrapazen während der WM in Brasilien.

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