Wie doch die Zeit vergeht. Kaum hat die Snooker-WM so richtig begonnen, da ist auch schon wieder Bergfest und wir stehen kurz davor, schon die Viertelfinal-Spiele sehen zu dürfen. Und wie das bei einer WM so ist, haben wir komplett unterschiedliche Runden und Schwerpunkte gesehen. eingenetzt.org fasst zusammen.
Nach der ersten Runde war mein Eindruck, dass das Niveau noch nicht da ist, wo ich es gerne hätte. Das ist natürlich auch kein Wunder, da die erste Runde gerade für die gesetzten Spieler meinst eine Zitterpartie ist. Das Motto lautet oft, den Auftakt überstehen zu wollen, um dann richtig angreifen zu können.
Dennoch, ich habe in der Einleitung geschrieben, dass viele Facetten zu sehen waren. In der ersten Runde war es sicherlich die Spannung. Vier Matches gingen über die volle Distanz, zwei Mal gab es ein 10:8. Dabei blieben einige der gesetzten Snooker-Profis auf der Strecke und mit Ding Junhui scheiterte einer der Top-Favoriten auf den Titel.
Woran es letztlich lag, ist schwer zu sagen. Gut zwei Wochen hatte der Sieger von fünf Ranking-Events Zeit, sich nach dem Erfolg bei den China Open zu regenerieren und sich neu zu motivieren. War die Zeitspanne zu kurz? Oder liegt es einfach daran, dass Ding so ein wenig auf Kriegsfuß mit dem Crucible Theatre steht?
Wir werden es wohl nie erfahren. Klar, Michael Wasley spielte das Match seines Lebens und schien völlig befreit. Wie es dann ist, wenn man im Achtelfinale plötzlich nicht mehr der absolute Außenseiter ist, musste er gegen Dominic Dale schmerzvoll erfahren. Der Spaceman führt überraschend deutlich mit 12:4 und wird im Viertelfinale wohl auf Barry Hawkins treffen.
Mittlerweile – während ich mir die Spiele von Neil Robertson gegen Mark Allen und Shaun Murphy gegen Marco Fu ansehe – haben sich die Spieler ordentlich eingelebt und wir haben klasse Matches gesehen. Dabei war das Duell zwischen Ronnie O’Sullivan und Joe Perry ein Highlight. Lange sah es so aus, als ob der Gentlemen den Weltmeister hätte stürzen können.
Doch O’Sullivan drehte kurz vor Schluss mächtig auf und steht nach dem 13:11-Sieg bereits im Viertelfinale. Ob er seinen Titel verteidigen kann? Ihn scheint nichts aus der Ruhe bringen zu können und das ist kein gutes Zeichen für seine Gegner. Früher hatte er “nur” sein begnadetes Spiel, heute ist auch sein Kopf gewappnet und dieses Paket ist gefährlich.
O’Sullivan trifft in der nächsten Runde auf Murphy oder Fu. Ein packendes Match bisher mit einem stark aufspielenden Engländer, der mit bisher wirklich gut gefällt und mit 9:7 aus der Session geht. Starkes Breakbuilding und ein insgesamt sehr souveränes Spiel machen auch Murphy zu einem ernstzunehmenden Kandidaten auf den Titel. Auf ein Match zwischen ihm und O’Sullivan freue ich mich schon jetzt – wenn es denn so kommen sollte.
Ähnlich hochklassig, wenn auch in einer anderen Richtung, geht es zwischen Allen und Robertson zu. Eigentlich war zu erwarten, dass sie sich die Breaks nur so um die Ohren hauen, aber der Fokus liegt hier tatsächlich mehr auf den Safetys. Natürlich haben wir auch hohe Breaks gesehen. Dennoch haben wir viele spannende Safe-Phasen gesehen, die den Sport auch so vielfältig und komplex machen.
Der Sieger trifft im Viertelfinale wahrscheinlich auf Judd Trump, der mit 10:6 gegen Ryan Day führt. Das wäre ein weiteres Highlight, wobei mich Trump bisher noch nicht so überzeugen konnte. Allerdings macht es sehr viel Spaß, die unglaubliche Technik von Trump zu bestaunen. Er hat sich schon steigern können und ich denke, er wird Day auch letztlich schlagen.
Ein potentieller Halbfinalist ist Barry Hawkins, der Ricky Walden mit 13:11 bezwang und, wie angesprochen, wohl auf Dale trifft. In dieser Runde ein absolutes Traumlos. Ich bin ein großer Fan des Spacemans, aber gegen Hawkins ist er meiner Meinung nach ohne Chance. Das wird auch Mark Selby denken, der auf Alan McManus trifft.
Mit diesem Tipp hätte man sicherlich viel Geld verdienen können. Denn McManus kann sein Glück wohl selbst kaum fassen, nochmals das Viertelfinale im Crucible erreicht zu haben. Größer kann eine Außenseiterrole nicht sein und alles andere als ein sehr deutlicher Sieg des Jester from Leicester wäre für mich eine Überraschung.
So ist es am Ende eine WM, wie sie es auch in den Jahren zuvor schon war. Wir sehen packende Matches, enge Siege, große Überraschungen und die eine oder andere Kuriosität. Ob es die Schuhe von Dale sind, die Hose von McManus oder Jan Verhaas, der den Boden im Crucible mit Wasser tränkt. Insgesamt macht es bisher einen Heidenspaß und ich freue mich auch die zweite Hälfte der Snooker-WM.