Videospielende Glitzerponies… oder: Was Hitzlsperger mit der NFL verbindet

Manchmal lohnt es sich ein Thema sacken zu lassen und eventuelle aktuelle Ereignisse abzuwarten. Und natürlich hilft es, wenn man aus Zeitmangel und Zeitmissmanagement einfach nicht dazu kommt. Eigentlich sollte dieser Blog sich um die NFL, Ex-Vikings-Punter Chris Kluwe und dessen Engagement in Sachen gleichgeschlechtlicher Ehe drehen. Und schon grätscht Thomas Hitzlsperger in die Parade.


„Never be afraid to do what’s right. If no one ever says anything, nothing ever changes.“
Chris Kluwe

Manchmal lohnt es sich ein Thema sacken zu lassen und eventuelle aktuelle Ereignisse abzuwarten. Und natürlich hilft es, wenn man aus Zeitmangel und Zeitmissmanagement einfach nicht dazu kommt. Eigentlich sollte dieser Blog sich um die NFL, Ex-Vikings-Punter Chris Kluwe und dessen Engagement in Sachen gleichgeschlechtlicher Ehe gehen. Und schon grätscht Thomas Hitzlsperger in die Parade.

Ich halte Thomas Hitzlspergers „Coming Out“ für wichtig für, nein, nicht nur den Sport, sondern auch für die Gesellschaft. „Was soll es mich angehen, mit wem ein Sportler ins Bett geht“, lautet eine oft gestellte Frage. Oberflächlich gesehen, haben diese Fragesteller recht. Nur ist dies genau das Dilemma: solange es eben nicht als „normal“ angesehen wird, dass Männer mit Männern und Frauen mit Frauen Beziehungen eingehen, ist es leider nötig, sich hinzustellen und dies in die Öffentlichkeit zu bringen. Als Protagonist selbstverständlich – nicht von Seiten Dritter. Zwangs-Outings á la Rosa von Praunheim fallen für mich dagegen in die Kategorie: Was geht es mich an?

Und dann wäre da noch die Bundeskanzlerin, die zwar Hitzlsperger explizit lobt, sich aber partout nicht dazu durchringen kann, die Rechte für Homosexuelle endlich gleichzustellen… Als zivilisierter Mensch lasse ich so viel Scheinheiligkeit einfach mal stehen.

Chris Kluwe – der Punter, der zuviel machte?

Ich überlasse bei diesem Thema gerne anderen die weitere Aufarbeitung. Wie immer lesenswert, aber gerade zu diesem Thema: Klaus Katzenbach bei gegendenball.

Ich schaffe mir somit die Überleitung zu Chris Kluwe und der NFL. Genauer gesagt in diesem Falle den Minnesota Vikings. Oder noch genauer gesagt: Ex-Headcoach Leslie Frazier, General Manager Rick Spiel und Special Teams-Coach Mike Priefer. Die ersten Beiden, so Kluwe in seinem Deadspin Artikel I Was An NFL Player Until I Was Fired By Two Cowards And A Bigot„, seien Feiglinge. Wer der Scheinheilige sein soll, dürfte dann auch klar sein. Alle drei sollen direkt oder indirekt dafür verantwortlich sein, dass Kluwe seinen Job verlor – wegen seines Engagements für die Rechte Homosexueller.

Wer Chris Kluwe nicht kennt, für den hole ich gerne etwas aus. Kluwe war Punter der Vikings, ist Videogamer aus Leidenschaft, Vater zweier Kinder, Mitglied einer Rockband und Autor des Buches „Beautiful Unique Sparkleponies“ – was ihn noch lange nicht zu einem netten Menschen macht. Was ihn jedoch – neben seinem wirklich sympathischen Auftreten, wie im Girl-on-Guy-Podcast zu hören – auszeichnet, ist der Willen seine Meinung gegen Widerstände zu vertreten und für das zu kämpfen, was er als richtig empfindet.

Und so entschied sich Kluwe bereits vor einiger Zeit, sich nicht nur für die Charity Kick For A Cure, sondern auch für die gleichgeschlechtliche Ehe einzusetzen. Lange Rede kurzer Sinn – dies alles kann man im Detail im oben genannten Deadspin-Artikel oder auch in Kluwes offenem Brief an Marylands Abgeordneten Emmett C. Burns mit dem griffigen Titel „They Won’t Magically Turn You Into A Lustful Cockmonster“ nachlesen. Eine kleine Warnung: Kinder unter zwölf sollten diesen Brief vielleicht nicht lesen. Obwohl… selbst Sechsjährige hören heute auf dem Schulhof wahrscheinlich Schlimmeres.

Kluwe engagierte sich besonders in Minnesota gegen einen Verfassungszusatz, der den Satz beinhalten sollte: Eine Ehe darf nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden. Sicherte sich nach eigenen Worten allerdings ab, dass dieses Vorgehen für die Vikings in Ordnung war. Und stellte in der Öffentlichkeit klar: Ich spreche für mich als Privatperson, nicht als Punter für die Vikings.

Seinem Special Teams Coach Priefer stieß dieses Engagement sauer auf und er reagierte – laut Kluwe – mit homophoben Beleidigungen in Gegenwart seines Punters. Schließlich musste Kluwe zu Beginn der Saison 2013 seinen Platz im Team räumen. Obwohl seine Leistungen nicht nachgelassen hatten, wurde nach der Draft ein zweiter Punter verpflichtet, der schließlich Kluwes Platz einnahm. Eine Untersuchung soll nun klären, ob Kluwes Anschuldigung, er hätte seinen Job wegen seines außersportlichen Engagements verloren und ob seine Aussagen über Priefer der Wahrheit entsprechen.

Unbequeme Wahrheiten

Die Beschimpfungen durch Coach Priefer mal beiseite – so sehr ich Kluwe schätze, ich fürchte in dieser Sache liegt nur die halbe Wahrheit nicht auf dem Platz – er ist ein guter Punter, aber eben ¨nur¨ ein Punter. Und ist deswegen ersetzbar. Einen ersetzbaren Spieler, der außerhalb des Platzes für Kontroversen sorgt, kann man nun einmal leichter durch Jemanden ersetzen, der nur sportlich auffällt – und dank seines Alters viel weniger kostet.

Chris Kluwe musste nicht gehen, weil er sich für die Rechte Homosexueller einsetzte – Chris Kluwe musste gehen, weil er sich AUCH für die Rechte Homosexueller einsetzte. Und damit einer der seltenen Menschen ist, die ihre Meinung vertreten, obwohl ihnen dies Stolpersteine in den Lebens-Weg legt.

Um noch einmal den Bogen zu Hitzlsperger zu schlagen – ich will die Taten dieser beiden (Ex-)-Profisportler gar nicht gegeneinander aufwiegen. Kluwes ¨Spiel¨ mit seiner Existenz hält sich dank eines zuvor sechstelligen Jahresgehaltes wahrscheinlich in Grenzen – sein IQ dürfte schon dafür sorgen, dass er sich im Gegensatz zu den meisten Ex-Kollegen wenig Zukunftssorgen machen muss. Hitzlspergers Gang vor das Mikrofon und die Kamera der Zeit gebührt ebenfalls Respekt – wer lässt schließlich schon gerne viele Millionen Menschen an seinem Privatleben teilhaben.

Bei beiden war es jedoch kalkuliertes Risiko, was keinesfalls ihr Engagement schmälern soll. Im Gegenteil: Es müssen doch nicht immer Märtyrer sein, die sich für eine Sache einsetzen. Hauptsache, jemand setzt sich ein.

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